Missbrauch und Fehlauslegung der Religion
Von : Dipl.Ing.M. Suleiman

Dipl.Ing.M. Suleiman

"Oh ihr Menschen! Wir haben euch aus Mann und Frau erschaffen und euch zu Völkern und Stämmen werden lassen, damit ihr euch kennen lernt. Der Edelste vor Allah ist der Gottesfürchtigste unter euch. Wahrlich, Allah ist Allwissend, Allkundig.“
Koran 49:13

In den letzten Wochen erschütterten uns alle immer wieder Berichte in den Medien über kriminelle Übergriffe und so genannte „Ehrenmorde“ an muslimischen Frauen durch Mitglieder ihrer eigenen Familien. So soll es allein in den letzten vier Monaten zu fünf Morden gekommen sein, „mit dem muslimische Männer in Berlin ungehorsame Frauen bestraften“ (Zitat aus dem Artikel „In den Fängen einer türkischen Familie“ aus der Süddeutschen Zeitung vom 26./27.02.2005).
Oft finden die Täter in beängstigender Weise Rückhalt, was sich in Äußerungen Berliner Schüler wie „die Frauen sind doch selbst schuld“ offenbart. Diese, oft als „Morde zur Wiederherstellung der Ehre“ betitelten Gewaltverbrechen an muslimischen Frauen, die in wie auch immer gearteter Weise gegen zweifelhafte Moralvorstellungen ihrer Familien verstoßen haben sollen, müssen von der muslimischen Gemeinschaft aufs Schärfste verurteilt werden. Distanzierung von diesen kriminellen Machenschaften und den verschrobenen Moralvorstellungen, die dazu geführt haben, sollte nicht nur selbstverständlich sein, sondern tut auch im Hinblick auf die Prävention von Vorurteilen bezüglich des Islam und daraus erwachsener Fremdenfeindlichkeit unbedingt Not. Wir alle wissen, dass die grundlegenden Lebensanschauungen eines Volkes in seiner kulturellen Eigenart wurzeln, ebenso wie in seinen Fehl- und Vorurteilen. Genauso wissen wir, dass manche muslimische Männer immer darauf gepocht haben, ihre herrschende patriarchalische Gestalt und die damit verbundene Macht beizubehalten und zu missbrauchen. Die Stellung der Frau in allen monotheistischen Religionen war in den vergangenen Jahrhunderten eine untergeordnete und ist es leider teilweise immer noch, über Jahrhunderte hielten sich Vorstellungen, durch die Frauen die Schuld an erfahrenem Leid quasi selbst zuzuschreiben war. In den islamischen Ländern trug die Einführung des Islam häufig wesentlich zur Verbesserung der Lebensumstände und Rechte der Frau bei, zuvor waren sogar neu geborenen Mädchen lebendig begraben worden. Wünschenswert ist, dass hier oder auch anderswo die Menschen, allen voran die Muslime, die sich die zivilisatorischen Leistungen und die industrialen Errungenschaften zu Nutze machen sollen, nicht in Armut, Rückständigkeit, Analphabetentum oder in Unglück leben müssen. Für solch eine im übertragenen Sinne aufklärerische Lebensweise muss das Joch des Patriarchats gesprengt werden! Unsere muslimischen Frauen hier ebenso wie überall auf der Welt dürfen nicht mehr hilflos von Gewalt und Zwangsheirat bedroht sein. Die Parallelwelt, die von fundamentalistischen Haustyrannen dominiert wird, muss im Interesse von uns allen zerschlagen werden! Keine Religion heißt Morde, Gewalt oder Unterdrückung gut. Morde im Namen einer Religion – sei es „im Namen“ des Kreuzes, Davidssterns oder Halbmondes stellten von jeher einen Missbrauch und Fehlauslegung der Religion dar und sollten die jeweilige Religion nicht beschmutzen dürfen. Ein Muslim, sei es Türke, Araber oder Deutscher, der solch eine Gräueltat vollbringt oder gutheißt und sich hinter dem Islam verstecken will, handelt nicht als gläubiger und dies sollte von der Gemeinschaft durch Distanzierung deutlich offen gelegt werden. So kann vielleicht weiterer Schaden von dieser wunderbaren Religion abgewendet werden, die bei richtiger Auslegung fortschrittlich ist und einst als Befreierin der Frauen bezeichnet worden war. Eines ist sicher: im Islam gibt es keinen „Ehrenmord“ und Mord ist und bleibt Sünde.

M. Suleiman
Dipl. Ing.